Torsten Groß
Corona-Krise forciert Bargeldabschaffung
Die Corona-Pandemie und die von der Politik verhängten Maßnahmen zur Eindämmung der Seuche haben den Apologeten der Bargeldabschaffung neuen Auftrieb verliehen. Denn seit dem Beginn der Krise nehmen immer mehr Konsumenten ihre Zahlungen elektronisch vor. Der wichtigste Grund für diese Entwicklung ist die starke Zunahme von Online-Bestellungen, was sowohl eine Folge des Lockdowns als auch der Furcht vieler Menschen ist, sich beim Einkauf vor Ort mit dem Virus anzustecken. Deshalb bestellt man lieber im Internet und lässt sich die Ware ins Haus liefern. Aber auch im stationären Handel kommen zunehmend elektronische Zahlungsmethoden wie EC-Karte, Kreditkarte und Handy-App zum Einsatz. Oftmals werden die Kunden sogar im Geschäft darum gebeten, an der Kasse bargeldlos zu bezahlen, um das Infektionsrisiko, das angeblich von Geldscheinen und Münzen ausgeht, zu vermeiden. Corona hat also in den letzten Wochen dazu beigetragen, dass Bargeld bei den Konsumenten spürbar an Beliebtheit verloren hat.
Diese Entwicklung spielt den Eliten in die Hände, die hinter den Kulissen bereits seit Jahren beharrlich daran arbeiten, Bargeld aus dem Wirtschaftskreis zu verbannen. Maßgebliche Akteure in Europa sind die Geschäftsbanken, die Europäische Zentralbank (EZB) und die Regierungen der Eurozonen-Länder, wenn auch aus unterschiedlichen Motiven.
Die Geschäftsbanken leiden massiv unter der expansiven Geldpolitik der EZB und vor allem den Niedrigzinsen, die zu sinkenden Margen im Kreditgeschäft führen.
Gleichzeitig müssen die Banken für ihre überschüssige Liquidität, die sie bei der Zentralbank parken, einen negativen Einlagenzins von zurzeit 0,4 Prozent bezahlen, was den Kostendruck erhöht (diese Maßnahme soll die Banken dazu veranlassen, mehr Geld an andere Kreditinstitute bzw. Verbraucher und Unternehmen in Form von Krediten zu verleihen, was aber in der Praxis wegen der krisenbedingt hohen Risikoaversion nicht funktioniert), deshalb muss an anderer Stelle gespart werden.
Würde es kein Bargeld mehr geben, könnten die Banken auf teure Kassenautomaten, Bargeldabteilungen und Absicherungsgeschäfte verzichten, was ihre Kosten erheblich reduzierte.
Der vollständige Umstieg auf den elektronischen Zahlungsverkehr wäre auch für die EZB von Vorteil. Denn die Notenbank bereitet sich längst auf eine weitere Absenkung auch des Leitzinses (Zinssatz, zu dem die EZB Geld an die Geschäftsbanken verleiht) vor, um die Rezession zu bekämpfen. Die zeichnete sich bereits vor dem Beginn der Corona-Krise ab, ist aber durch den wochenlangen Lockdown der Wirtschaft erheblich verschärft worden. Negativzinsen auf Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten hätten aber einen Bankenrun zur Folge. Denn um zinsbedingte Kapitalverluste zu vermeiden, würden die Kunden ihre Guthaben auflösen und das Geld zu Hause deponieren. Gäbe es kein Bargeld mehr, wäre dieser Fluchtweg versperrt und die Negativzinsen schlügen voll auf die Ersparnisse der Bürger durch. Weil das Kontoguthaben dann permanent an Wert verlöre, stiege die Bereitschaft der Verbraucher, mehr Geld für ihren Konsum auszugeben und dadurch die Konjunktur anzukurbeln, so das Kalkül.
Die Existenz von Bargeld läuft aber auch den Interessen der Regierungen und damit der Politik zuwider. Denn die Staaten sehen sich mit dem Problem konfrontiert, dass der Corona-Lockdown einerseits die Steuereinnahmen massiv einbrechen lässt und andererseits hohe Ausgaben erforderlich sind, um eine wirtschaftliche Kernschmelze zu verhindern. Um diese historische Herausforderung zu bewältigen, müssen die Finanzminister in großem Umfang Kredite aufnehmen, was die schon zuvor gigantische Schuldenlast der öffentlichen Hand weiter aufbläht. Die daraus resultierende Zinsbelastung ist für die Staatshaushalte auf Dauer nur zu stemmen, wenn die Zinsen niedrig sind, am besten im Negativbereich notieren, was den Schuldnern sogar zusätzliche Einnahmen verschaffen würde. Negativzinsen wären aus den oben genannten Gründen aber nur gefahrlos möglich, wenn es kein Bargeld mehr gäbe.
Der Druck auf das Bargeld dürfte in den nächsten Monaten noch zunehmen, weil die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns erst mit zeitlichem Verzug ihre volle Wirksamkeit entfalten. Deshalb dürfte das wahre Ausmaß der Krise frühestens im Spätsommer oder Herbst sichtbar werden. Dann könnten die Verantwortlichen zu einem Instrument greifen, das schon seit Jahren als »letztes Mittel« diskutiert wird, um das Wirtschafts- und Finanzsystem zu retten: »Helikoptergeld«, also die Auszahlung von Geld direkt an die Verbraucher, das von der EZB kurz zuvor neu geschaffen wurde.
Mit Hilfe der zusätzlichen Kaufkraft soll die Konjunktur stimuliert und der Absturz in eine zerstörerische Deflation verhindert werden. Doch auch dieses Instrument kann nur greifen, wenn die Verbraucher das geschenkte Geld tatsächlich ausgeben und nicht horten. Weil es aber nicht möglich ist, Scheine und Münzen quasi über Nacht aus dem Verkehr zu ziehen, ohne Kollateralschäden zu verursachen bzw. erheblichen Widerstand in der Bevölkerung hervorzurufen, müsste das Helikoptergeld in elektronischer Form zweckgebunden zur Verfügung gestellt werden. Entsprechende Konzepte liegen schon seit Längerem in der Schublade. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) etwa arbeitet an einer »digitalen Geldbörse« (Wallet), einem speziellen Konto, das für jeden Bürger eingerichtet wird. Auf dieses Konto, das allein für Konsumausgaben nutzbar wäre, könnte das Helikoptergeld der Regierungen fließen, ggf. versehen mit einem »Verfallsdatum«, damit das Guthaben rasch nachfragewirksam zum Einsatz kommt und von den Empfänger nicht »gebunkert« wird. Ein erster Testlauf dieses Konzeptes wird im Sudan stattfinden. Dort hat die Regierung ein Unterstützungsprogramm für Familien angekündigt: Jedes Familienmitglied soll fünf Dollar im Monat erhalten, wobei das Geld elektronisch auf das Handy des Begünstigten transferiert wird.
Hinter diesen und anderen Projekten zur Abschaffung des Bargelds steht die »Better Than Cash Alliance« (zu Deutsch: »Besser-als-Bargeld-Bündnis«), eine weltweite Vereinigung, die den Übergang zum digitalen Bezahlen forcieren will. Sie wurde 2012 gegründet. Ihr gehören aktuell 30 Staaten, mehrere Konzerne (darunter Coca-Cola und Unilever) sowie diverse internationale Organisationen an. Geldgeber sind u. a. die Bill and Melinda Gates Foundation, das Omidyar Network sowie die Zahlungsdienstleister Mastercard und Visa. Deutschland hat – obwohl selbst nicht Mitglied – die Better Than Cash Alliance im Zeitraum zwischen 2016 und 2018 mit insgesamt 500.000 Euro unterstützt.
Nach Ansicht von Kritikern dient das Bündnis vor allem den wirtschaftlichen Interessen großer Unternehmen aus der Finanz- und IT-Branche. Ihre Strategie zielt darauf ab, digitale Bezahlverfahren zunächst in Entwicklungs- und Schwellenländern Afrikas, Südamerikas und Asiens zu etablieren, um dort Erfahrungen zu sammeln. Darauf aufbauend sollen die neuen Bezahlmethoden später auch in den reichen Industriestaaten eingeführt werden und dort das Bargeld verdrängen.
Angedacht ist also ein evolutionärer Prozess, der sich über mehrere Jahre, wenn nicht Jahrzehnte erstrecken kann. Was aber geschieht, wenn infolge der sich verschärfenden Rezession ein akuter Crash an den Finanzmärkten droht und die Politik gezwungen ist, rasch zu handeln, um einen wirtschaftlichen Kollaps zu verhindern? – Dann könnte die Abschaffung des Bargelds sehr viel schneller vorangetrieben werden, ohne dass ein Verbot erforderlich wäre. Ein entsprechender Plan ist vom Internationalen Währungsfonds (IWF) bereits entwickelt und 2019 öffentlich gemacht worden. Er sieht vor, parallel zum Bargeld eine digitale Währung einzuführen, wobei das virtuelle Geld permanent aufwertet. Das käme einer Steuer auf Bargeld gleich und machte es für die Bürger unattraktiv, Cash zu halten.
Die würden deshalb ihre Finanzmittel in die digitale Währung umtauschen, was es den Notenbanken erlaubte, Scheine und Münzen zeitnah aus dem Verkehr zu ziehen. In einer sich zuspitzenden Krise könnte man dieses Vorgehen als unabweisbare Notmaßnahme verkaufen, um einen Kollaps des Systems zu verhindern.
»Geld ist geprägte Freiheit«, schrieb der russische Schriftsteller Fjodor Dostojewski bereits im 19. Jahrhundert. Damit meinte er das Bargeld, denn moderne Zahlungsmittel, wie wir sie heute kennen, gab es damals noch nicht. Dostojewskis Grundsatz, entwickelt während seiner Haft in einem sibirischen Straflager, gilt im 21. Jahrhundert mehr denn je. Denn in der digitalen Welt kann nur Bargeld den Bürger vor Verfolgung durch den Staat und die Überwachung durch mächtige Konzerne schützen. Mit seiner Abschaffung würden die Menschen ihre finanzielle Selbstbestimmung einbüßen und zum Spielball von Politik und Wirtschaftsinteressen werden.
Bargeld ist deshalb nicht einfach nur Geld, es ist gelebte Freiheit, die es zu verteidigen gilt!
Bestellinformationen:
» Max Otte: Weltsystemcrash, 639 Seiten, 24,99 Euro – hier bestellen!
» Max Otte: Weltsystemcrash, 2 Audio-CD, 24,99 Euro – hier bestellen!
» Günter Hannich: Megacrash – Die große Enteignung kommt, 282 S., 19,99 Euro – hier bestellen!
» Peter Hahne: Finger weg von unserem Bargeld, 123 Seiten, 10,00 Euro – hier bestellen!
Dienstag, 30.06.2020